Gemeinde „ouni Pestiziden“

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Auch wenn die nationale Gesetzgebung den Einsatz von Pestiziden auf öffentlichen Flächen seit Januar 2016 ohnehin nur noch in Ausnahmefällen vorsieht, hat die Gemeinde Wiltz bereits 2015 den Beschluss gefasst, künftig „ohne Pestizide“ auf den öffentlichen Flächen auszukommen. Sie wird hierbei vom Naturpark Öewersauer – einem der Mitbegründer der nationalen Kampagne „ouni Pestiziden“ – unterstützt.

 

Was sind Pestizide?

Pestizide ist ein Sammelbegriff für chemische Substanzen und Produkte, die für die Bekämpfung uns unerwünschter Pflanzen und Tiere eingesetzt werden. Je nach Anwendungsbereich haben diese Produkte verschiedene Namen: Herbizide (gegen Pflanzen, die als Unkraut angesehen werden), Insektizide (gegen Insekten als Schädlinge an Nutzpflanzen, ...), Fungizide (gegen Pilzbefall an Nutzpflanzen und als Schutz gegen Schimmel), Bakterizide (gegen Bakterien, z.B. in Antibiotika und Desinfektionsmitteln), Rodentizide (gegen Ratten und Mäuse), u.s.w.

 

Wer benutzt Pestizide?

Haushalte: Man geht davon aus, dass in den Industrieländern in 82-90% der Haushalte mindestens 3 Pestizide zum Einsatz kommen; hauptsächlich im Haushalt in Form von Insektiziden und im Gartenbau.
Staat und Gemeinden: Hier werden Pestizide zur Pflege öffentlicher Flächen eingesetzt, insbesondere an Straßenrändern, Bahngleisen und auf Friedhöfen.

Landwirtschaft: Ein bedeutender Teil der angewandten Pestizide wird zur Produktion unserer Nahrung ausgebracht.

 

Warum sind Pestizide ein Problem?

Pestizide sind schwer abbaubar: es sind komplexe chemische Stoffe, die sich in Gewässern, im Boden, im Regen und in der Luft unkontrolliert ausbreiten. Es kommt zu Anreicherungen, und es ist nicht hinreichend bekannt welche Nebenprodukte beim Abbau von Pestiziden entstehen oder inwiefern die verschiedenen Stoffe miteinander reagieren.
Pestizide gelangen in die Nahrungskette: sie bleiben an Gemüse, Obst, Blumen und Bäumen haften oder werden von den Pflanzen aufgenommen. 50% der Früchte in Europa enthalten heutzutage zumindest Rückstände von Pestiziden. 2007 wurden in Luxemburg in mehr als der Hälfte der untersuchten Grundwasserquellen Pestizidrückstände (welche zum Großteil aus dem privaten oder öffentlichen Bereich stammen) nachgewiesen.

Pestizide wirken unspezifisch: sie richten sich nicht nur gegen die eigentlich zu bekämpfenden Tiere und Pflanzen. Insektizide zum Beispiel vernichten nicht nur die Pflanzenschädlinge, sondern auch die nützlichen Insekten. So ist auch das massive Bienensterben nachweislich auf den Einsatz von Pflanzenschutzmittel zurückzuführen. Gelangen Pestizide in den Boden schaden sie den Mikroorganismen, die unter anderem für die Fruchtbarkeit und die Struktur des Bodens von enormer Bedeutung sind. Auch die Gesundheit des Menschen ist stark gefährdet.

 

Was kann man ändern? Mehr Toleranz und Akzeptanz!

Begegnen Sie alternativen Pflegemethoden mit Toleranz. Wenn Sie in ihrem Ort grüne Straßenränder, einheimische Pflanzen, Wildkräuter oder Mauerfugenpflanzen entdecken, dann ist dies ein Zeichen für einen giftfreien Unterhalt der kommunalen Flächen und bedeutet, dass sich die Gemeindeverwaltung bewusst für ein gesundes Umfeld einsetzt. Die Gemeinde ist nicht faul, sondern gesund.

 

Schönheitsideale ändern!

Flächen, die nicht zur wirtschaftlichen Produktion genutzt werden, sollen vor allem „sauber“, gepflegt und „schön“ aussehen. Allerdings gilt in diesem Fall „sauber“ ist „giftig“. Grün statt grau ist Leben und liefert Abwechslung und Farbe. Hier bestimmt alleine das menschliche Schönheitsempfinden, ob eine Pflanze oder ein Tier zum Problem wird. Naturnahe Schönheitskonzepte schätzen und tolerieren eine Vielzahl an Wildkräutern und Tieren. Es entstehen attraktive Erscheinungsbilder mit deutlich weniger Schädlingen und Unkräutern.

Natürliche Vegetation hat ihren eigenen Charme und sieht nicht zwingend unordentlich aus.
So können auch Pflastersteine mit Fugengrün gepflegt aussehen, wenn sie ab und an gemäht werden. Flächendeckende Staudenbepflanzung in Blumenbeeten ist eine optische Wohltat und verringert gleichzeitig das Aufkommen unerwünschter Kräuter.

 

Alternativen nutzen!

Im Garten, im Haushalt und bei der Pflege kommunaler Flächen kann der Pestizideinsatz grundsätzlich vermieden werden. Es gibt für viele Probleme ein entsprechendes Hausmittel. Befindet sich ein biologischer Garten im Gleichgewicht sind viele Maßnahmen ohnehin unnötig. Auch bei der Pflege von kommunalen Flächen können mechanische (z.B. Wildkrautbürsten) und/oder thermische Geräte (Infrarot, Flamme, heißer Schaum oder heißes Wasser) zum Einsatz kommen. Bereits bei der Planung ist an die spätere Pflege zu denken. Die Konzeption entscheidet über den nachträglichen Pflegeaufwand.

Pestizidfreie Grünflächen übernehmen zudem eine wichtige ökologische Funktion als Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten inmitten von Gewerbegebieten. Durch eine naturnahe und landschaftstypische Eingrünung von Gewerbeflächen entwickeln sich beständig pflegeleichte Grünanlagen.